Der Geruchssinn
Der Geruchssinn gehört zu den ältesten Sinnen. Die Bedeutung des Geruchssinns wird manchmal erst erfasst, wenn es zu einer Beeinträchtigung der Riechfunktion kommt.
Duftstoffe werden über zwei Wege wahrgenommen: Zum einen über die Nase beim Einatmen oder Schnüffeln / Riechen, dem sogenannten orthonasalen Riechen (roter Pfeil), zum anderen beim Essen (retronasalem Riechen, grüner Pfeil). Hierbei erreichen die Duftstoffe aus der Nahrung über den Rachen die Riechsinneszellen in der Nase.
Bereits vor der Geburt können Gerüche wahrgenommen werden und so Nahrungspräferenzen ausgebildet werden. Für Neugeborene ist der Geruchssinn vor allem für die Nahrungsaufnahme und die Bindung an die Bezugsperson von Relevanz. Die Wichtigkeit für die Nahrungsaufnahme bleibt in allen Altersgruppen bestehen. Bei fehlendem Geruchssinn können keine Aromen (Feingeschmack), sondern nur Geschmackseindrücke (süß, sauer, salzig, bitter und umami) wahrgenommen werden. Im Jugendlichen- und Erwachsenenalter kommen weitere Bedeutungen des Geruchssinns hinzu. Der Geruchssinn dient zur Wahrnehmung von Gefahren wie Feuer, Gas und verdorbenen Speisen. Auch in der Kommunikation ist der Geruchssinn von Bedeutung. Durch chemosensorische Signale können Emotionen des Gegenübers, wie Aggression, Angst aber auch Freude besser wahrgenommen werden. Zusätzlich wird eine Rolle des Geruchssinns bei der Partnerwahl angenommen.
Ursachen und Häufigkeit von Riechstörungen im Kindes- und Jugendalter
Es können angeborene von erworbenen Riechstörungen unterschieden werden. Bei angeborenen Riechstörungen kommen Neugeborenen ohne Geruchssinn auf die Welt (kongenitale Anosmie). Angeborene Riechstörungen können isoliert aber auch bei einigen Syndromen (z.B. Kallmann-Syndrom, CHARGE-Syndrom) auftreten. Obwohl die Riechstörungen angeboren sind, werden sie im Durchschnitt erst im Alter von ca. 10 Jahren bemerkt. Danach vergehen oft noch viele Jahre bis die Diagnose „kongenitale Anosmie“ gestellt wird. Die lange Zeit bis zur Diagnosestellung kann für die Betroffenen sehr belastend sein und ist häufig mit vielen Arztbesuchen verbunden. Durch unsere Spezialsprechstunde bieten wir Kindern und Jugendlichen mit Riechstörung ein spezialisiertes interdisziplinäres Konzept zu diesem Thema an. Erworbene Riechstörungen können im Kindes- und Jugendalter z.B. durch ein Schädel-Hirn-Trauma, vergrößerte Rachenmandeln (Adenoid Hypertrophie) oder nach Infektionen entstehen.
Der Großteil der Kinder- und Jugendlichen, die aufgrund einer Riechstörung ärztliche Hilfe aufsuchen, sind von einer angeborenen Riechstörung betroffen. Erworbene Riechstörungen treten dagegen seltener auf.
Die genaue Häufigkeit von Riechstörungen im Kindes- und Jugendalter ist bisher nicht bekannt. Im Vergleich zu Erwachsenen treten Riechstörungen im Kindes- und Jugendalter jedoch wesentlich seltener auf. Es wird davon ausgegangen, dass 1 von 8000 Neugeborenen ohne Geruchssinn auf die Welt kommt.
Wie wird der Geruchssinn untersucht
Um den Geruchssinn zu untersuchen werden Riechstifte, sogenannte „Sniffin‘ Sticks“ verwendet. „Sniffin‘ Sticks“ sind eine Art Filzstifte, die mit einem Geruch befüllt sind. Durch Verwendung verschiedener Riechstifte kann die Geruchsschwelle bestimmt werden. Bei einer weiteren Untersuchung mit den Riechstiften wird die Fähigkeit Gerüche zu Erkennen erfasst. Bei Bedarf kann eine Bildgebung des Gehirns (MRT des Kopfes) zur Darstellung der Riechstrukturen des Gehirns geplant werden. In Abhängigkeit der vermuteten Ursache der Riechstörungen können im Rahmen der Spezialsprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Riechstörung weitere Untersuchungen durchgeführt bzw. organisiert werden (z.B. Ultraschall der Nieren, genetische Untersuchungen).
Behandlung von Riechstörungen
Für die Behandlung ist die Ursache einer Riechstörung ausschlaggebend. Für viele erworbene Riechstörungen stehen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. In den letzten Jahren hat sich besonders das sogenannte „Riechtraining“ in der Behandlung von Riechstörungen etabliert. Unter einem „Riechtraining“ ist ein gezieltes und kontrolliertes Riechen an bestimmten Geruchsstoffen mehrmals am Tag gemeint.
Neben möglichen Behandlungsoptionen hat die Beratung eine zentrale Rolle. Im Rahmen der Spezialsprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Riechstörung werden Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern über Riechstörungen informiert: z.B. Worauf ist im Alltag zu achten? Wie können die Betroffenen die Riechstörung durch andere Sinne ausgleichen? Wird die Berufswahl und Ausbildung durch eine Riechstörung beeinträchtigt?